von Luis Alberto Villamarin Pulido, Oberst a.D.
Untersucher strategischer Angelegenheiten / Schriftsteller
Übersetzung: Annette Tessmann
In Kolumbien ist es Mode, einige Verbrechen die Konsequenz des kommunistischen Drogenterrors oder ihrer abwegigen Nebenerscheinungen sind, wie ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu behandeln.
Angesichts der immer weiter währenden Flut von administrativer Unmoral, wäre es angebracht, dass die herausragenden kolumbianischen Juristen nicht nur mit politischem Unterton fachsimpeln, wie beispielsweise im beschämenden Fall der Computer von Raul Reyes, sondern ein legale Form suchen, um die Korruption als Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu behandeln.
Zweifelsfrei ist das Verbrechen gegen Galán als solches zu bezeichnen, aber in diesem Zusammenhang ergeben sich mehrere Fragen - wie zum Beispiel:
Wie lange muss der einfache kolumbianische Mann mit seinen Steuern noch die Pfründe der Familie Galán bezahlen für ein Verbrechen, das von Pablo Escobar begangen wurde?
Wie viel mehr noch muss die kolumbianische Staatskasse an die Familie Galán bezahlen? Was weiter muss man dieser Familie geben, die bereits mehrere Jahre den diplomatischen Himmel von Paris auskosten durfte, heutzutage über Kongresssitze verfügt und das Bürgermeisteramt Bogotás anstrebt? Und wird die Erklärung des absurden Mordes an Luis Carlos Galán als Verbrechen gegen die Menschlichkeit mit sich bringen, dass der kolumbianische Staat weitere Millionen aus dem Fond der neuen Opfergesetze zahlen muss?
Die Gerichte und die Presse beschäftigen sich mit diesem und weiteren Verbrechen des Drogenterrorismus gegen politische Größen, die auf ein oder anderen Weise Teil einer administrativen Struktur waren, die Kolumbien zu dem gegenwärtigen Chaos geführt haben. Währenddessen genießen die Schreibtischtäter ihr Leben.
Mit Abscheu ließt man die täglichen Nachrichten. Chambacú, Colpuertos, Agroingreso Seguro, Fondelibertad, Dian, die Direktion der Betäubungsmittelstelle, Korruption im Juristenausschuss, Fälle von käuflichen Magistern und Richtern, Veruntreuung im Gesundheitsbereich, Abweichungen im Gehaltszulagenfonds, Unterschlagungen der Mittel für die Opfer der Regenkatastrophe, die Familie Nule samt Bruder Samuel in Bogotá, Verschwendung von Geldmitteln der Armeeinstitutionen für die Schreibtischstrategen des jeweilig amtierenden Verteidigungsministers, hanebüchene Verträge wie für die Call Center und den Informationsservice des Gesundheitswesens der Streitkräfte etc..
Jeder Leser der nicht vertraut ist mit den Schlammwechselbädern der politischen Horrormeldungen Kolumbiens muss es erscheinen, als wenn wir generell von Dieben regiert werden. Das Traurige daran ist, dass es zumeist nicht unbegründet ist.
Tagtäglich wird Kolumbien mit beiden Händen ausgeraubt. In den Ministerien, in den Gerichten, im Kongress, in den Gouverneurssitzen, den Rathäusern, in den dezentralisierten Institutionen, besser gesagt überall dort wo mit Steuergeldern Verträge ausgehandelt und abgeschlossen werden.
Und auch wenn das alles unter den Augen der politischen Verantwortlichen abläuft, scheint es, dass sie alle an der Samper-Krankheit leiden ( Ernesto Samper, Präsident Kolumbiens von 1994-1998 wurde im Prozess Nr. 8000 vorgeworfen seine Kandidatur mit Drogengeldern der Mafia finanziert zu haben und verteidigte sich damit, dass alles hinter seinem Rücken und ohne sein Wissen abgelaufen wäre, Anm.d.Ü.). Auf der anderen Seite kann sich niemand erklären wo das alles einmal angefangen hat mit der Finanzierung der Kampagnen für die politische Zukunft von Parteivorsitzenden und Bürodemagogen. Niemand weiß wie die anerkannten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens vorgegangen sind, sie stehen immer in erster Reihe, reisen in der Welt herum, nehmen an Foren teil etc.
Die Erklärung ist einfach: Sie leben von der Korruption ihrer eingefleischten Mittäter in den unterschiedlichsten öffentlichen Ämtern. Aus diesem Grund ist das Verbrechen in Nadelstreifen wie eine hundertköpfige Raupe und wesentlich schädlicher für das Wohl Kolumbiens als die Farc, Bacrims oder Eln. Die Korruption ist die Lepra die sich dem Krebs des Drogenterrors hinzugefügt hat. Und Kolumbien ist ein Körper der all diese Krankheiten in sich trägt. Aber für wie lange noch?
Was mit dem Gesundheitswesen der Armee seit der fragwürdigen Zentralisierung der Anschaffungen im Verwaltungsbereich seit der Amtszeit des ehemaligen Verteidigungsministers Santos passierte, zeigt, dass man bis zum Hals korrumpiert wird.
Das sind ausreichende Gründe um die Auffassung zu vertreten, dass die Rettung Kolumbiens radikale Vergehensweisen und gefestigte Positionen benötigt. Keine weiteren Regierungsperioden mehr mit der üblichen Besetzung.
Außerdem muss um jeden Preis versucht werden, die Korruption als Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu erklären und rückwirkend die hochwohlgeborenen Familien, die sich seit jeher durch die traditionelle Korruption ernährt haben nicht nur mit Gefängnis bestraft, sondern mit Wiedergutmachung mittels Rückerstattung an den Nationalfiskus der Reichtümer, die hinterrücks erwirtschaftet wurden. So wie Honoré de Balzac es beschrieben hat: Es gibt hier ein Verbrechen großen Stils.
Wenn man nichts unternimmt, werden die Täter in Nadelstreifen mit ihren prunkvollen Namen, mit oder ohne Familienbesitz, sich immer weiter am Geld des Staates bereichern und damit die Misere weiter vergrößern. Sie werden mehr Jojoys schaffen, mehr Canos, mehr Pablos Escobars und mehr Opfer wie Galán schaffen. Und die arbeitende Bevölkerung zahlt mit ihren Steuergeldern immer weiter diesen absurden Kreislauf ohne Ende. Die Gesellschaftsschicht, die dem Drogenterrorismus untergeordnet ist, wird mächtiger und mächtiger.
So lange das so weiter geht wird Kolumbien die Armutsstruktur eines Dritte-Welt-Landes beibehalten, vom Weg abgekommen wie Besiegte mit der Mentalität eines rückschrittlichen Urzeittieres, das die Farc dabei unterstützt, das zu Ende zu bringen, was die Korruptionsmaschinerie bisher noch nicht geschafft hat.