Die Verantwortlichkeiten bei dem Angriff auf den Justizpalast

Publicado: 2011-03-07   Clicks: 2335

 

    Analyse des kolumbianischen Konfliktes

    Übersetzt von Annette Teßmann

     Veröffentlicht am 29. September 2007 in der Zeitung „El Tiempo“  Bogotá, Kolumbien

    Vor 1991 wurde der blutige, terroristische Angriff auf den Justizpalast wie ein kollektiver Mordanschlag gesehen, finanziert durch das Medellin-Kartell und durchgeführt von der Bewegung M-19. Ein Produkt aus Blindheit seitens der Angreifer und einer unkoordinierten Antwort des Staates darauf, in dem sich die Armeekräfte und die Nationalpolizei gezwungen sahen, unter Waffengewalt die nationale Souveränität, die Integrität des Staates und die Gesetzlichkeit wieder herzustellen.

    Es ist nachgewiesen, dass die bewaffneten Organe ohne Zielgebung und Verantwortungsübernahme des Präsidenten Belisario Betancurt agierten. Präsident Betancurt, unfähig der Führung und der Fähigkeit eine Antwort auf die Krisensituation zu geben, war an dem Punkt angelangt, den Forderungen der Terroristen nachzugeben. Später jedoch, von der obsessiven Sturheit der  Verbrecher eingekreist, entzog er sich der Verantwortung zur Führung der Rückeroberung des Justizpalastes, unter Anwendung geringst möglicher Gewalt.

   Die Erklärung für das Verhalten des unfähigen Staatschefs ist sehr einfach. Gleichsam wie seine Vorgänger und Nachfolger war er nicht in der Lage, noch hatte er die strategische Ausbildung weder die Vorstellung eines Strategen um die Anstrengungen den Kampf gegen den Kommunismus zu gewinnen auf den richtigen Weg zu bringen; weder die nötige Führungsqualität noch Glaubwürdigkeit innerhalb der Armeekräfte, die ihn als einen Boheme ansahen, egozentrisch, begierig Friedensnobelpreisträger zu werden, intrigant und unfähig die Terroristen davon zu überzeugen, die Waffen niederlegen. Dies belegt die Chronologie der Ereignisse vom 6. und 7. November 1985.

   Monate vor dem blutigen Ereignis saß der Terrorist Andrés Almarales einer Massenveranstaltung auf dem Bolivarplatz (Plaza de Bolivar) vor. Aus voller Lunge schrie er „Belisario, Sie sind unfähig“. Und der eindringliche subversive Redner, dessen Untergebene und Verbündete bereits samt Ausrüstung ins Justizgebäude eingedrungen waren, hatte sich nicht getäuscht. Sie brüsteten sich damit, das wenn mit der Anwesenheit des Präsident nicht zu rechnen ist um ihn vor ein Volksgericht zu stellen, es zu einer blutigen bewaffneten Auseinandersetzung kommen wird.

    Wäre es anders gewesen hätten sie nicht die ganze Munition und Verpflegung  um über eine längere Zeit überleben zu können in das Justizgebäude verbracht. Der terroristische Anschlag gegen den Justizpalast begann mit dem gewalttätigen Eindringen und der Ermordung einer Aufsichtsperson. Diese einzelne Aktion hätte allein schon eine angemessene Antwort des Staates erfordert.

Was seit diesem Moment dort passierte ist seither Gegenstand von Mutmaßungen und Wahrheitsverdrehungen. Und die Würdigung der Fakten besitzt im Rahmen einer Politisierung Vorrang. Man sagt, das Almarales kaltblütig den Richter Echandia ermordet hat, das eine Rebellin mit Maschinengewehr von der 4. Etage aus den Anschlag unterstützt hat, dass die Terroristen die Geiseln in eine Toilette gebracht haben und später in einer regelrechten Orgie aus Blut und Horror ermordeten, dass das Geheimdienstmilitär einige Überlebende haben verschwinden lassen etc. etc..

   Aber inmitten der ganzen Mutmaßungen dieser Politisierung und der linken Interessen konnte die ganze Wahrheit niemals festgestellt werden, weder hat man in einem gleichen Verhältnis Verurteilungen für das haarsträubende Blutbad ausgesprochen. Seit 1991, mit der Einführung der neuen Konstitution und der Kapitulation der Bewegung M-19, die in eine politische Gruppierung konvertierte, begann sich das Bild über die Vorfälle im Justizpalast im November 1985 tendenziös zu ändern.

   Während das Militär für die Aktion oder die Verschleierung derer, was man meint das dort mittels Gewaltexzessen während der Rückeroberung des Justizpalastes geschehen war, gerichtlich verantwortlich gemacht wird, verleumdet und vorverurteilt wird; konvertieren die beteiligten Terroristen oder jene die Teil der aggressiven Linksgruppierung waren zu Moralisten, sind Richter für das Gute, oder das Schlechte geworden und verneinen außerdem jede Nähe zu den Kriminellen die ohne Rücksicht auf Verluste in das Justizgebäude eingedrungen waren. Mit diesem Verhalten haben sie eine Tragödie in ungeahntem Ausmaß angestoßen.

   Präsident Betancurt selbst hat zur Seite geschaut, niemals sein Verhalten erklärt, niemals Stellung bezogen weshalb er nicht am Platz des Geschehens war um in seiner Aufgaben als Präsident der Republik die Terroristen zum Abzug zu bewegen und sich dem Problem zu stellen. Er hatte keinen Krisenrat eingerichtet, die Minister nicht einberufen und nicht auch nur irgendein Lösungsvorschlag ist von seinem Amtssitz herausgegeben worden.

   Seine vagen Deklarationen in der Nacht vom 6. November und seine „geniale Idee“ ein drittklassiges Fußballspiel zu übertragen um die Aufmerksamkeit der bewegten Nation zu zerstreuen demonstrierten wenig Ernsthaftigkeit gemessen an den äußerst schwerwiegenden Umständen. Gleichfalls hat er bis heute seine politische Verantwortlichkeit nicht aufgeklärt sowie die politischen und historischen Umstände die das haarsträubende Ereignis begleiteten.

   In diesem Kontext sollten gleichzeitig das Verhalten des derzeitigen Generalstaatsanwaltes und der Kongressmitglieder untersucht werden, die sich ihrer konstitutionellen Verantwortlichkeit zur Untersuchung des Verhaltens des Präsidenten entzogen haben, und das 22 Jahre nach den Geschehnissen noch immer nicht aufgeklärt ist.

   Um der Justizwillen, sui generis in eigener Sache, wurde der Fall wieder und wieder neu eröffnet, mehr aus politischen als aus juristischen Gründen. Angesichts der tragischen Ereignisse müssen außer dem Militär und der Polizei, die die Republik gerettet und in Ausübung ihrer Pflicht vielleicht über ihre Kompetenzen hinaus gehandelt haben, auch die Terroristen der Bewegung M-19, die sich heutzutage erdreisten als Moralisten aufzutreten, der Präsident Betancurt, seine Minister für Justiz und Kommunikation, seine Sekretäre und all diejenigen, die aufgrund der ihnen übertragenen Ämter Verantwortung im administrativen, strafrechtlichen und politischen Bereich hatten, auf der Anklagebank sitzen.

   Wenn man sich ausschließlich dafür entscheidet die Armeeangehörigen auf eventuelle Straftatbestände hin zu untersuchen, ihnen den Prozess zu machen und sie damit regelrecht zu „kreuzigen“, werden die Ergebnisse dieser Untersuchung mit dem Lauf der Zeit gleichzusetzen sein mit der Ermordung von Gaitan: ein Präsident dem angesichts der Umständen die entsprechende Charakterstärke fehlt, eine Armee die aufgrund fehlender politischer Führung den Staat und die Ordnung weit über ihre eigentlichen Aufgaben hinaus wieder hergestellt haben, eine misstrauische und ungeschützte Gesellschaft die weiterhin uninformiert bleibt und mit dem offensichtlichen Opfer: der Wahrheit.

   Mehr als politischer Opportunismus, diese neue Etappe der umfangreichen Untersuchung verlangt nach Wahrheit und Gerechtigkeit für alle Verantwortlichen dieses schwarzen Novembers. Keine weiteren Verunglimpfungen der Militärinstitutionen um dem  Polo Democratico zu stärken hinsichtlich einer eventuellen Präsidentschaftskandidatur eines ihrer Dirigenten, der sich in dieser Epoche der Terrorgruppe angeschlossen hatte, die diese Tragödie verursacht hat und in dem Moment des Eindringens in den Justizpalast eine einfachen Wachmann das Leben gekostet hat.

 Wenn die Terroristen diesen Anschlag nicht verübt hätten, wäre dies Tragödie nicht entstanden, und wenn weiterführend Herr Belisario Betancurt seine ihm übertragenen Verantwortlichkeiten, die er 2 Jahre zuvor unter Eid geschworen hatte, wahrgenommen hätte, wären die Ereignisse vielleicht anders verlaufen. Wenn der Staatspräsident der oberste Befehlshaber der Armee ist, ist er gleichzeitig für das Handeln und auch für das Unterlassen seiner Männer verantwortlich. Und in diesem außerordentlichen Fall kann er nicht von der Verantwortlichkeit ausgeschlossen sein. Nicht mehr und nicht weniger.

 

Von  Oberst a.D. Luis Alberto Villamarin Pulido

Untersucher strategischer Angelegenheiten / Schriftsteller

www.luisvillamarin.com

 

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